Additive Synthese (4)
Nachdem wir die „Engine“ der eine Orgel (mit ein paar B3-Anleihen) fertig haben, geht es in diesem „Xtra“-Beitrag darum, das gewisse Drumherum zu bauen. Optisch und klanglich.
Xtra …
… das Icon dieser Lektion trägt einen orange-roten „Xtra“-Button. Das bedeutet, dass der Inhalt dieser Lektion über den eigentlichen Inhalt des Tutorial-Themas (hier: Additive-Synthese) hinaus geht und zeigt, wie man das Gelernte anwenden kann.
Hier kommen Schaltungen zum Einsatz, die nicht zum Thema gehören und/oder in einem anderen Tutorial besprochen wurden (bzw. noch werden). Man kann diese Lektion aber trotzdem gewinnbringend lesen die Downloads im Reaktor verwenden und gerne auseinandernehmen, um deren Inhalte zu erforschen. Ihr wisst ja: bei Fragen einfach melden.
Um was wird es gehen?
Natürlich wird die Optik wieder eine wichtige Rolle spielen. Das Ergebnis soll einen Vintage-Touch bekommen, selten benötige Funktionen werden unter einer Klappe verschwinden. Displays und LED sind mit dem Power-Schalter gekoppelt und verhalten sich deshalb ganz „natürlich“. Zugeben: ein Luxus-Feature …
Die Effekte, die die Orgel mitbekommen soll: Overdrive, Chorus, Reverb und eine passable Leslie-Simulation. Passabel deshalb, weil eine naturgetreue Leslie-Simulation auch professionelle Software-Entwickler vor große Herausforderungen stellt. Die reale Situation ist hier extrem komplex.
Es beginnt wieder ganz einfach …
Ich mag es, wenn Reaktor-Schaltungen sauber aufgeräumt und somit leichter nachvollziehbar sind. Deshalb ist hier auch alles in praktische Makros verpackt. Alle Makros haben an erster Stellen einen Eingang der mit „0/1“ beschriftet ist und der über den Power-Button [1] das ein- und ausblenden (bzw. ein- und ausschalten) verschieder Anzeigeelemente regelt. Folgendes passiert in den Macros:
- Das Engine-Macro [3] enthält die komplette Klangerzeugung der Orgel. Das meiste darin werdet ihr aus den vorhergehenden Tutorials (Teil 1, Teil 2, Teil 3) kennen – eventuell ist das eine oder adere etwas anders verpackt.
- Nach der Klangerzeugung liegt das Effekt-Macro [4], dessen Steuerelemente (Knöpfe, Displays) teilweise aus nachfolgend beschriebenen Gründen extern angeordnet sind.
- Abschließend geht es in den Ausgang (Amp-Mixer) [6] und zu den Lautsprechern.
- Und nun zum Tune-Macro [5]. Hier verbergen sich selten genutze Bedienelemente, mit denen die Paramter für den Leslie-Effekt und die Anschlagsempfindlichkeit der Orgel justiert werden können. Um die Oberfläche übersichtlich zu halten, liegen diese alle unter einer Klappe, die mit einem Schiebeschalter geöffnet/geschlossen werden kann. Da hierzu ein Stacked Macro nötig ist, ist das am einfachsten umzusetzen, wenn dieser Bereich in ein Macro (Tune-Macro) ausgelagert wird.
Nachfolgend werden wir uns anschauen, was sich in den einzelnen Macros verbirgt. Wie schon beim 5. Teil des FM-Tutorials werde ich auch hier nur die Verschaltung der Effekt erklären, da jeder Effekt ein oder mehrere Tutorials füllen würde.
Abb. 1: Struktur ExperiOrgan
Engine
Hier finden sich nun einige alte Bekannte wieder. Zentral seht ihre das Register-Macro, das alle 9 Register der Orgel enthält. Rechts daneben werden die Wellenformen gemischt und die Wellenform-Anzeige bereitgestellt. Letztere ist etwas aufwendiger, weshalb ich mich für ein extra Mixer-Macro entschieden habe.
Links neben dem Register-Macro befinden sich die Macros für die freie Frequenzwahl (FREE), die Anschlagsdynamik (VEL), die Regelung für die Pulsweite des PLS-Oszillators und der MODE-Regler, um zwischen den natürlichen Obertönen, der Hammond B3-Registrierung und der freien Frequenzeinstellung zu wählen.
Das Multi-Picture Element und die 4 Multi-Texte dienen der Darstellung des LCD-Displays über den Zugriegeln: Das Multi-Picture enthält die Abbildung des leeren Displays, die im Fall von „Power Off“ eingeblendet wird. Das ist erheblich einfacher, als alle Texte für die Fußlagen in den drei Betriebsmodi einzeln ein- und auszuschalten. Die Multitexte sorgen dafür, dass die jeweilige Äquallage (Grundton – s. hier) mit einem „R“ wie Root gekennzeichnet wird.
Wer genau hinschaut sieht, dass alle Texte auf dem LCD-Display einen schwachen Schattenwurf erzeugen – so wir man das von den alten LCD-Displays kennt.
Abb. 2: Register
Das FREE-Macro enthält – wie bereits erwähnt – die Drehknöpfe, LED und Grafiken für die freie Frequenzwahl. Hier sind die beiden Compare/Equal-Module interessant, mit denen folgende Herausforderung gelöst wird: Die LED unter den Frequenzreglern dürfen nur leuchten, wenn der POWER-Button auf ON steht und der MODE-Regler auf FRQ. Ist der POWER-Button in der OFF-Stellung, müssen die LED unabhängig von der Stellung des MODE-Reglers aus sein.
- Hierzu liegt der POWER-Button an dem unteren Compare-Modul an, das dessen Statud mit der Konstanten 1 vergleicht.
- der MODE-Regler liegt am oberen Compare-Modul, das ein eingehenden Wert mit der Konstanten 2 vergleicht. Eine 2 liegt an, wenn sich der MODE-Regler in der FRQ-Position befindet.
- Die =-Ausgänge der Compare-Module werden addiert und mit der Konstanten 1 abgeglichen. Erfüllen beide Einganswerte (POWER=1, MODE=2) die abgefragten Bedinungen, ist die Summe der Compare-Ausgänge 1 und am Ausgang des dritten Compare-Moduls liegt ebenfalls eine 1 an. die LED leuchten.
- Sind POWER=1 und MODE ≠ 2, ergibt die Addition der ersten beiden Compare-Module eine 0 und due LED bleiben aus.
Das VEL-Macro enthält exakt die Schaltung aus dem vorhergehenden Teil, weshalb ich hier nicht im Details eingehen werde. Wer erst ab hier mit liest sollte folgendes wissen: Jedes der 9 Register einer Hammond-Orgel wird über einen eigenen elektrischen Schalter angesteuert. Drückt man eine Taste langsam herunter, kann man hören, wie die neun Fußlagen nacheinander erklingen. Je schneller die Taste gedrückt wird, desto weniger fällt dieser Effekt auf. Diese „Anschlagdynamik“ wird hier nachempfunden.
Abb. 3: Frequenzwahl und Anschlagdynamik
Register
Der Blick in das Register-Macro zeigt altbekanntes: 9 Macros – für jedes Register eines und in jedem Macro die Schaltung, die ihr schon aus dem letzten Tutorial kennt. Das hier gezeigte Beispiel gehört zu Register 1. Die anderen Register unterscheiden sich lediglich durch die beiden Konstanten, die an den Eingängen 0 und 1 des Selectors anliegen.
Abb. 4: Register
Der Register-Mixer ist auch fast ein alter Bekannter. den Teil unten links (die drei Addierer, den Selektor und den Crossfade-Mixer) kennt ihr ebenfalls aus Teil 3 dieses Tutorials: Der Selektor wählt zwischen den Ausgangswellenformen SIN und SAW, der Crossfade-Mixer überblendet die Ausgangswellenform mit der PLS-Welle.
Neu an dieser Schaltung ist der oberer Teil: Hier wird das Wellenformdisplay über den OSC-Einstellungen generiert. Da es hier nur um die Darstellung der Wellenform geht, sollte der real erzeugte Ton keinen Einfluss haben, da die Tonhöhe die Abbildung fundamental verändert. Um das zum umgehen, habe ich die drei Oszillatoren monophon angelegt, eine fixte Tonhöhe (60) und eine fixte Amplitute (1) gewählt. Analog zum polyphonen Selektor/Crossfade-Mixer im „echten Signalverlauf“ stellen ein monophoner Selektor/Crossfade-Mixer das Mischungsverhältnis 1:1 nach und legen es auf ein Scope-Modul.
Vielleicht ist euch aufgefallen, dass die Y-Position des Displays (YP) über einen Selektor mit zwei Werten verfügt. Das liegt daran, dass sich die Darstellung des Scope-Moduls nicht einfach ausschalten lässt (POWER Off). Um das Display aus zu bekommen, ist deshalb ein Trick nötig. In diesem Fall verlegt der POWER-Button im Off-Zustand den Y-Startwert einfach so weit aus dem sichtbaren Bereich, dass das Bild irgendwo im Off gemalt wird.
Abb. 5: Register-Mixer und Wellenform-Display
[04]
Effekte
Wie schon beim 5. Teil des FM-Tutorials und in der Einführung zu dieser Lektion, werde ich auch hier nur die Verschaltung der Effekt erklären, da jeder Effekt ein oder mehrere Tutorials füllen würde (bzw. noch füllen wird).
- Das Signal aus der Engine durchläuft zuerst einen Verzerrer, DRIVE genannt, der einen fiesen Rock-Organ-Sound ermöglicht.
- Danach folgt ein CHORUS um den Sound „anzudicken“,
- gefolgt von einem REVERB für den amtlichen Raum.
Bis hier hin sind alle Effekte mono ausgeführt. Prinzipbedingt verläßt das Audiosignal den Leslie-Effekt in stereo.
- Der original LESLIE-Effekt ist extrem schwierig zu simulieren. Seh viele komplexe Parameter nehmen Einfluss auf das Klanggeschehen, so dass diese Version nur eine laienhafte Annäherung ist. In der Praxis rotiert ein Hochtonlautsprecher mit gegenüberliebenden Schallhörnern in einem Gehäuse. Ein Basslautsprecher strahlt den Klang in eine darunterliegende rotierenden Schallumlenkbox ab. Entfernt sich der rotierende Lautsprecher vom Zuhörer, wird der Ton tiefer. Gleichzeitig nähert er sich aber auch der gegenüberliegenden Wand, die deshalb mit einem höheren Ton beschallt wird. Diesen reflektiert sie zusätzlich in Richtung des Zuhörers. Es entsteht ein Doppler-Effekt der zu einem sehr komplexen Klangbild führt.
- Abschließend durchläuft das rechte Signal ein Delay-Element, dessen Verzögerung eingestellt werden kann. Damit entsteht der Eindruck einer größeren Raubreite, weshalb ich diesen Effekt WIDE benannt habe.
Soweit zum Effekt-Macro.
Abb. 6: Effekt-Routing
Der Ausgang gestaltet sich vergleichsweise unspektakulär. Der allgegenwärtige 0/1-Eingang schaltet auf den Selektoren zwischen dem Audiosignal und der Konstanten „0“ um. Gleichzeitig steuert er das Multi Picture Modul, das das Gitternetz im Display unter dem Volume-Regler ein- oder ausblendet.
Im Scope-Macro befindet sich ein Stacked Macro, das (je nach Schiebenschalter unter dem Display) entweder die Wellenform oder das Frequenzspektrum zeigt. Das Ausblenden der Wellenform im Off-Zustand geschieht mit dem selben Trick wie beim Wellenform-Display bei der OSC-Wahl.
Abb. 7: Das OUT-Macro
[05]
Das TUNE-Macro
Einen Punkt haben wir noch zu klären: Was hat es mit dem TUNE-Macro, dem Schieberegler und der Klappe links unten auf sich. Die zugehörige Geschichte geht wie folgt:
Unter der Platte verbergen sich alle Einstllungsmöglichkeiten, die man selten braucht und die deshalb keinen Platz auf der Benutzeroberfläche belegen sollten. Eine solche Situation löst man am besten mit einem Stacked Macro. In der oberen Hälfte von Abb. 8 seht hier die beiden Grafiken für „Klappe geschlossen“ und „Klappe offen“.
In der untern Hälfte von Abb. 8 ist der Ausschnitt mit den Drehknöpfen und Displays im ausgeschalteten Zustand zu sehen, in der rechten Hälfte im eingeschalteten Zustand. Hier ist der eingeschaltete Zustand Standard, während im ausgeschalteten Zustand Leere und unbeleuchtete Display darüber gelegt werden.
Abb. 8: Grafiken für das TUNE-Macro
Das TUNE-(Stacked)Macro selbst ist bestechend einfach aufgebaut: Ihr findet darin zwei Macros mit den Bezeichnungen „CLOSE“ und „OPEN“.
- Im CLOSE-Macro liegt lediglich das Bild der geschlossenen Klappe.
- Im OPEN-Macro finden sich zum einen die Abbildung der Elektronik, die Drehschalter und die Beschriftungen. Zum Anderen zwei Multi Picture Module, mit denen die Displays ein- und ausgeschaltet werden.
Die Ausgänge des Macros transportieren die Werte der Drehknöpfe zu den jeweiligen Ziel-Macros. Das ist alles.
Abb. 9: Das TUNE-Macro
Ein Hinweis noch zu den Grafiken: Die Fotos der Platinen stammen aus dem AdobeStock-Archiv, einzelne Elemente wie Dreh-Potis, Stecker und Kabel stammen aus meinem eigenen Fotoarchiv (Elektronik-Restekiste). Das tolle Design der Knöpfe, LED, Fader und Drehregler gehören zum „Analogue Synth“-Kit von UI-Mother. die Zugriegel sind von mir modifizierte Fader-Knöpfe aus diesem Kit, Ebenso die horizontalen.Schiebeschalter.
[06]
Downloads
ExperiOrgan
.ens-Datei, (Zip-File, 4,9MB)
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Bernd Scheurer
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