DAW – Was ist das? Wer braucht das?
Eine DAW ist eine „Digital Audio Workstation“ – oder platt: Ein Programm, mit dem man Musik produzieren kann. Wenn ihr euch schon mal für eine Anschaffung interessiert habt, aber den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen könnt: Hier gibt es keine kompakte Übersicht über die verschiedenen Lösungen.
Was erwartet euch?
Auf jeden Fall keine ausführlichen Testberichte zu den einzelnen DAWs. Das würde viel zu weit führen und den Rahmen sprengen. Hier findet ihr zunächst eine alphabetische Auflistung über die wichtigsten Anwendungen, deren Besonderheiten und Kompatibilität. Für weitere Infos verlinke ich die jeweiligen Hersteller und wenn vorhanden, ausführliche Testberichte.
Cubase
Cubase ist eine der beiden DAWs Hamburger Ursprungs, die es an die Spitze der verfügbaren Studioanwendungen geschafft haben. Während das andere Product (Logic) mittlerweile fester Bestandteil des Apple-Biotops ist und deshalb nur auf Apple-Hardware läuft, ist Cubase auch für Windows verfügbar. Cubase ist Studiostandard, bietet alle üblichen Editoren für MIDI, Audio, Notensatz, kann Videos einbinden und verfügt über Softwareinstrumente und Effekte. Muss man wissen: Neueinsteiger erwartet aufgrund der Komplexität der Anwendung eine steilere Lernkurve. Ferner verlangt Cubase (noch) nach einem Hardware-Kopierschutz in Form eines USB-Dongels, der sich im Rahmen von €30,00 bewegt. Dieser soll aber zukünftig Geschichte sein.
Steinberg bietet verschiedene Ausbaustufen von Cubase an: Cubase Elements für €99,99, das ohne USB-Dongle auskommt, Cubase Artist für €331,99 und die maximale Ausstattung Cubase Pro für €581,99. Wer noch höhere Ansprüche hat, kann zu Steinbergs Nuendo greifen, einer Media-Produktionslösung, die sich zwischen €480,00 und €1000,00 bewegt.
Digital Performer
„Motu“ steht für „Mark of the Unicorn“, ein Unternehmen, das schon in den 80ern MIDI-Anwendungen für die Apple-Plattform schrieb. In Europa ist der Digital Performer weniger bekannt. Man findet ihn eher in den USA und in Japan und dort auch vermehrt im Bereich der Filmmusik. Integriert sind die üblichen Editoren (auch ein Notations-Editor ist vorhanden), virtuelle Instrumente und Effekte. Die aktuelle Version hat nun auch im Bereich der Audio-Bearbeitung aufgeholt. Grundsätzlich werden VST-Plugins akzeptiert, in der Mac-Variante auch AU-Plugins.
Während die anderen Anbieter verschiedene Versionen ihrer DAW anbieten, gibt es bei Motu nur eine Version zu kaufen. Die liegt aktuell bei €389,00
FL Studio
Bei dieser belgischen DAW sind einige Dinge ungewöhnlich. Da wäre z. B. die lebenslangen kostenfreien Updates, mobile Versionen für Android, iOS und Windows 10 Mobile, und ein – von den anderen DAWs – abweichender Workflow, der schwerpunktmäßig patternorient ist. Editoren für MIDI und Audio sind vorhanden, einen Noteneditor gibt es nicht. Je nach Version werden verschiedene Softwareinstrumente und Effekte mitgeliefert, die VST-Schnittstelle wird unterstützt. Ein Highlight ist sicher der zGame-Editor-Visualizer 2, mit dem interessante Video-Effekte machbar sind.
Angeboten wird FL Studio in 4 Varianten: Fruity Editon: €89,00 / Producer Edition: €195,00 / Signature Bundle €288,00 / All-Plugins Bundle: €888,00
Live
Ableton Live gehört zu den Anwendungen, die eher etwas spezialisiert sind. Lives Stärken liegen in der elektronischen Musik und dort in einem breiten Spektrum an Funktionen für die Live-Performance – daher wohl auch der Name. Dieser Umstand sorgt auch für eine gute Anbindung von MIDI-Controllern. In der aktuellen Version bietet Live nun auch Klavier, Bläser und Streicher. Das Angebot an Editoren entspricht dem Standard, ein Noteneditor wird aber nicht angeboten. Insgesamt ist die Oberfläche eher puristisch gehalten.
Wie die meisten DAWs wird auch Live in verschiedenen Ausbaustufen angeboten: Live Intro gibt es schon für €79,00. Danach folgen Live Standard für €349,00 und Live Suite für €599,00.
Logic Pro X
Vorweg: Logic Pro X läuft nur auf Apple-Computern und es unterstützt keine VST-Plugins. Wett gemacht wir das allerdings durch einen konkurrenzlosen Preis. Würde es diese Anwendung zu diesem Preis für andere Plattformen geben, hätte die Konkurrenz arge Probleme beim Marketing. Für tatsächlich nur €229,00 bekommt man ausser der Anwendung, jede Menge Softwareinstrumente, Effekte, alle gängigen Editoren (incl. ausgefeilter Notation und frei verkabelbarem MIDI-Prozessor) und satte 70GByte Audiodaten. Logic wird nur online vertrieben und nach der Grundinstallation kann man das restliche Audiomaterial bei Bedarf aus der Cloud laden.
Bleibt noch zu erwähnen, dass Käufer/Besitzer eines Apple-Computers sich grundsätzlich im Besitz des kleinen Bruders von Logic befinden: Garage-Band. Diese Anwendung läuft auch auf iPhone und iPad und ist ein guter Einstieg in die Materie. die erarbeiteten Songs können in Logic später weiter verwendet werden. Ferner lassen sich iPhone und iPad auch zur Fernsteuerung vom Logic verwenden.
Protools
Diese DAW stammt ursprünglich aus der Softwareschmiede von Digidesign und gehört heute zu Avid. Damit ist Protools einer der Klassiker der Szene, Ende der 80 entwickelt und Anfang der 90er, mit der Fähigkeit 4 Audiospuren zu bearbeiten, für ca. $6000 an den Markt gegangen. Im Gegensatz zu anderen DAWs begann Protools als reine Audio-Software und erlangte im Laufe der Zeit die MIDI-Fähigkeiten dazu, mit denen andere DAWs begannen. Heute ist der Workflow von Protools mit dem anderer DAWs zu vergleichen: Die üblichen Editoren und Schnittstellen.
Eine Besonderheit ist auf jeden Fall, dass Protools über das Software-Protokoll ReWire mit Avids Oberklassen-Noteneditor Sibelius, synchron an Sibelius-Dokumenten arbeiten kann.
Protools gibt es zwar auch in drei verschiedenen Preis-Staffelungen, aber nicht zum kaufen, sondern zum mieten – ähnlich der Creative-Suite von Adobe. Die Einstiegsversion „Protools | First“ ist kostenfrei, „Protools“ schlägt mit €28/Monat zu Buche und die Profi-Version „Protools | Ultimate mit €74,50/Monat.
Reaper
Eine von Reapers (Rapid Environment for Audio Prototyping and Efficient Recording) Besonderheiten ist sicher, dass Spuren nicht explizit Audio, oder MIDI zugeordnet sind, sondern alle Daten gleichzeitig verwerten können.. Des weiteren ist die Oberfläche durch sogenannte Skins im Design anpassbar. Die mitgelieferten Instrumente und Effekte basieren auf der Audio/MIDI-Script-Sprache JesuSonic – wer diese beherrscht, kann sich eigene Erweiterungen für Reaper programmieren. Und noch einen Unterschied zu anderen DAWs gibt es zu vermerken: Die Anwendung ist klein und geht sehr sparsam mit den vorhandenen Resourcen um.
Die „private“ Version von Reaper kostet $60 und hält für zwei Major-Releases vor. Die „Profi-Version kostet $255 und überdauert ebenfalls zwei Major-Releases. Interessanterweise sind beide Versionen identisch. Der Unterschied liegt alleine darin, wieviel Umsatz der User pro Jahr mit seinen Musikproduktionen macht. Eine kostenlose Testversion ist für 60 Tage gültig.
Reason
Reason fällt etwas aus dem Rahmen, bzw. Steckt in einem solchen. Einerseits emuliert diese DAW in der Standalone-Version ein virtuelles Rack voller Synthesizer incl. Sequenzer und Mixer, andererseits lässt sich das Rack auch als PlugIn in anderen DAWs verwenden. Aufgrund seiner legendäden Stabilität, eignet sich Reason auch hervorragend für Live-Performances. Für Fans der Klangsynthese interessant: Der integrierte Synthesizer „Malström“ beherrscht eine Klangerzeugung, die aus einer Mischung von Wavetable- und Granularsynthese besteht und von Propellerhead als „Graintable“ bezeichnet wird.
Ähnlich wie bei Abletons Live, ist Reason schwerpunktmässig auf elektronische Musik abonniert und ein Noteneditor gehört nicht zum Funktionsumfang.
Auch Reason liegt in der magischen Staffelung dreier Preisklassen vor: Reason 11 Intro: für €79,00, Reason 11 für €349,00 und Reason 11 Suite für €549,00.
Bitwig
Auch Bitwig ist ein wenig „anders“. Für mich auffällig ist das sogenannte Grid, das in vereinfachter Form ungefähr das anbietet, was man von Native Instruments „Reaktor“ kennt, und das dieser DAW ein Alleinstellungsmerkmal verleiht.
Weitere Besonderheiten sind die konfigurierbare Oberfläche, und nicht zuletzt die Unterstützung für Touch-Screens! Ebenso wie Reason, ist Bitwig aufgrund seiner Stabilität für den Live-Einsatz geeignet. Abstürzende PlugIns können einfach neu gestartet werden, ohne dass das Folgen für das restliche System hat. Auch hier liegt der Schwerpunkt eher im Bereich der elektronischen Musik.
Bitwig ist in zwei Ausstattungen zu bekommen: „Studio 16-Track“, ist wie der Name schon impliziert, auf 16 Spuren limitiert und auch im Bereich der Effect-, Group-Tracks und Scenes eingeschränkt. Der Preis liegt aktuell bei €99,00. Die Unlimited-Version, die nur schlicht „Studio“ heißt, kann für aktuell €379,00 erworben werden.
Studio One
Für Studio One gilt: Nur ein Fenster und viel Tempo. Und hier ist auch mal wieder ein Noteneditor mit an Bord. Studio One hat mittlerweile das Zeug, Cubase und Logic in Sachen Funktionsumfang Konkurrenz zu bieten. Interessant ist auch, dass der integrierte Sampler in der Pro-Version die Datenformate der Sampler von Logic (früher ESX24, jetzt nur noch Sampler), Native Instruments „Kontakt“ und sogar des alten GigaSamplers unterstützt. Studio One lässt sich auch über Mobile Devices fernsteuern.
Zusätzlich zu den üblichen drei Ausstattungen Prime: kostenlos, Artist: €95,00 und Professional: €389,00) existiert auch ein Abo-Modell „PreSonus Sphere“, für das entweder €14,52/Monat oder €159,64/Jahr fällig werden.
Waveform
Auffällig an dieser DAW ist ihr Vorhandensein auf vier verschiedenen System-Plattformen. Ebenfalls ungewöhnlich ist die Arbeitsweise, die sich komplett von allen anderen DAWs unterscheidet. Für Neueinsteiger ist das aber weniger tragisch, als für Umsteiger von anderen Anwendungen. Je nach gewähltem Paket (s. u.), erhält man unterschiedlich viele Softwareinstrumente und Effekte. Positiv ist zu vermerken, dass abgestürzte PlugIns das System nicht mitreißen, sondern im Falle eines Falles deaktivert werden können. Individualisten mögen es vielleicht, dass sich die Oberfläche frei konfigurieren lässt.
Waveform wird in vier verschiedenen Ausbaustufen angeboten. Zum kennelernen gibt es eine umfänglich stark reduzierte, kostenlose Version. Das Starter-Packet liegt bei $119,00. Für $259,00 erhält man das Standardpaket und der Vollausbau liegt dann bei $679,00. Hier werden dann aber auch 186(!) PlugIns geboten.
Fazit
Das beste Preis/Leistungs-Verhältnis bietet Apples Logic Pro X. Bei keiner anderen DAW bekommt man soviel Gegenwert für sein Geld. Während andere Anbieter einen Preisrahmen von um die €100,00 für die Einsteigerversionen, bis zu €700,00 für das Komplettpaket vorgeben, bekommt man bei Logic für moderate €229,00 das komplette Programm – vorausgesetzt, man verfügt über einen Apple-Computer. Erleichternd kommt hinzu, dass jegliche MIDI-/Audio-Hardware, die zu Apples Betriebssystem kompatibel ist, auch problemlos mit Logic zusammenarbeitet.
Warum der Einsatz eines Apple-Computers grundsätzlich eine gute Entscheidung ist, ist ein anderer Film. Fragen hierzu beantworte ich gerne. Sprecht oder schreibt mich einfach an…
Da ich noch nie mit einem Microsoft-basierten System produktiv gearbeitet habe, war mein Weg bezüglich DAWs schon vorgezeichnet. Die Computer, mit denen ich der Reihe nach vertraut wurde, waren eine IBM360, diverse programmierbare HP-Taschenrechner (HP-33E, HP-41C), ein Commodore C64, gefolgt von einem Sinclair QL.
Das ganze mündete schließlich in die Anschaffung eines Atari ST und diverser Nachfolgemodelle. Das war dann auch der Zeitpunkt, zu dem ich mich zum ersten mal mit Musiksoftware beschäftigte. Die DAW meiner Wahl war damals Cubase. In den 90ern hatte ich in einem Münchener MediaMarkt eine Zeitlang die Verantwortung für Apple-Computer, die damals so langsam in den Bereich der Bezahlbarkeit rückten. Der zu jener Zeit genutze Atari MegaSTE musste einem Apple PowerPC 8500 weichen. Im Zuge meiner Mitarbeit im ehemaligen Musikhaus Crusius in Darmstadt, machte mir Emagic ein lukratives Umstiegsangebot von Cubase auf Logic. Seither ist die Kombination aus Apple-Hard- und Software im MIDI-/Audio-Bereich bei mir final.
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